Mittwoch, 13. Februar 2013

arbeit und depression

Ich wache auf. Und kaum bin ich richtig wach, ist da schon wieder dieses gefühl der beklemmung. Ich muss zur arbeit. Ich will da nicht hin. Einmal liegenbleiben dürfen. Ich dreh mich im bett noch mal um, aber der wecker ist gnadenlos. Ich stehe auf, gehe unter die dusche, versuche nichts zu denken, mich zu entspannen. Aber da ist wieder der gedanke: ich will da nicht hin. Ich gehe in die küche schmiere mir schnell ein paar brote und trinke ein glas multivitaminsaft. Ich würde lieber kaffee trinken, bin aber eh schon viel zu hibbelig. Mit dem rest saft spüle ich mein antidepressivum runter. Zum glück nur die übliche dosis. Ich packe die beruhigungstropfen in meine tasche, wahrscheinlich werde ich sie noch brauchen, nehme sie aber dann doch wieder heraus und mische einige tropfen mit einem rest wasser. Vorsicht ist besser als nachsicht. Ich habe einen leichten kater, da ich gestern abend nicht zur ruhe kam und keine lust hatte, wieder diese ätzenden, schläfrig und antriebslos machenden tropfen zu nehmen. Stattdessen habe ich ein paar bier getrunken. Genaugenommen 6. nach 2 litern bier kann ich gut schlafen, vorher noch die abendstunden halbwegs sorgenfrei genießen und bin am nächsten tag fit genug, um zur arbeit zu gehen. Mit dem antidepressivum und den beruhigungstropfen schaffe ich, es den tag im büro zu überstehen. Ich langweile mich bei der arbeit, aber bin durch die medikamente soweit benommen, dass es erträglich ist. Meine kollegen halten mich für träge und schläfrig. Ist mir egal. Anders geht es nicht. Vor einiger zeit habe ich noch angefangen zu rauchen. Seitdem sind es die raucherpausen, auf die ich mich bei der arbeit freue. Wenn ich zu schläfrig werde, trinke manchmal auch ein oder zwei tassen kaffee. Ich muss aber sehr aufpassen, dass ich davon nicht zu unruhig werde. Anderenfalls muss ich die munter machende wirkung des kaffees und der kippen wieder mit den tropfen stoppen.
Keine ahnung wie lange das so noch weitergeht. Oder gut geht. Da mich die arbeit enorm viel kraft kostet, hänge ich zuhause meistens nur vorm fernseher. Mir fehlt der antrieb für unternehmungen. Mir macht eigentlich kaum noch etwas spass. Aber ich halte durch. Muss ich ja. Soll mein leben die nächsten dreißig jahre so weitergehen?

Anmerkung: der text spiegelt nicht meine aktuelle situation wieder. Aber ich war mal in einer solchen lage und bin froh, aus dieser herausgekommen zu sein. Im übrigen denke ich, dass sich viele leute derart quälen und ich hoffe, dass sie irgendwann den mut besitzen, aus ihrer hölle auszubrechen. Ganz egal, was danach kommt: (Fast) Alles ist besser, als so die tage hinter sich bringen. Also habt den mut, euer leben zu ändern, wenn ihr damit nicht zufrieden seid. Amen.

öffentlicher nahverkehr

am wochenende fuhr ich mit dem zug zu meiner freundin und teilte mir, um geld zu sparen, mit anderen zugreisenden eine gruppenkarte. Wer dieses verfahren nicht kennt, für den sei es hier erklärt: man verabredet sich über`s internet (bspw. Mitfahrgelegenheit.de) mit anderen preisbewussten reisewilligen, trifft sich am bahnhof und reist dann gemeinsam mit einem wochend- oder länderticket.
Die erste überraschung bereits am bahnhof: ich hatte wie üblich vergessen, zu fragen, woran ich die anderen erkennen kann (großer rucksack, schwarze haare, rote jacke, dicker hintern usw.) und guckte fragend alle möglichen leute an, die in der bahnhofsvorhalle standen. Was will der idiot?, las ich in den augen der herumstehenden. Dann besann ich mich auf die internet-annonce, wonach der kern unserer reisegruppe aus einer jungen familie bestehen sollte. Also suchte ich nach vater, mutter, kind in jung. Fand ich aber nicht. Als mein handy klingelte, stellte sich heraus, dass die beiden jungen frauen vor mir, mit kind, die familie waren und meine vorstellung von familie wohl überholt ist. Egal, bei mir darf jeder machen, was er will. (das ist leider mehr wunsch als wirklichkeit, ich muss an meiner toleranz noch ein wenig arbeiten, wobei mir die sexuellen vorlieben der leute wirklich völlig egal sind; sodomie finde ich allerdings nicht gut).
die wohl leibliche mutter war ganz nett und mochte mich wohl; die andere (auch mutter? Mutter 2? Vater?) vermutlich eher nicht. Vielleicht gefiel ihr ja auch nicht, dass mutter 1 mich wohl mochte. Bildete ich mir zumindest ein; ja, ich kann schon wieder die vorwürfe der leserinnen vor meinem geistigen auge, äh, ohr hören: was männer sich immer einbilden! Nur weil man nett zu ihnen ist, denken die immer gleich, man, also frau, wäre scharf auf sie, also ihn. Naja, kann man nichts machen. Ich darf denken, was ich will. Vielleicht ist das ja auch ein selbstschutz von uns männern, um die eigene nicht vorhandene attraktivität wenigstens herbeizureden.
Insgesamt waren wir zu fünft. Im zug verteilten wir uns auf benachbarte sitze und ich beging den fehler, mich in eine der vier-personen-sitzgruppe zu setzen. Ich saß einem optisch der nerd-fraktion zuzuordnen männlichen person gegenüber, die ein gesteigertes redebedürfnis hatte. Der typ war ein paar jahre älter als ich und hatte einen stechenden, bohrenden blick. Am anfang dachte ich: freundlich sein, ein bißchen small-talk und dann lesen. Der small-talk zog sich in die länge und – warum auch immer – ich wurde immer unsicherer. Irgendwann war ich derart weichgequatsch, dass ich nur noch schlagworte einstreuen konnte, um überhaupt etwas zu sagen: das lief derart: er: „also diese ganze umweltverschmutzung. Da muss man etwas gegen tun. Das geht doch so nicht weiter. Wir verbrauchen unmengen papier. Allein auf der toilette.“ ich: „stimmt. Und Atomkraft“ er: „ja, die atomkraft ist eh ein thema für sich. Fukushima, tschernobyl, was soll noch alles passieren. Ich habe schon lange auf ökostrom umgestellt. Sollte jeder machen. Und außerdem kann man noch … bla, bla, bla. …, sogar mit bio-gas-anlagen!“ ich: „ja, bio-gemüse schmeckt besser.“ es wurde immer peinlicher. Was sollen bloß die anderen denken? Zwischen der erörterung, ob nun bio-nahrung oder vegane ernährung zu empfehlen sei, unterbrach ich ihn, indem ich einfach aufstand, „toilette“ sagte und diese dann auch aufsuchte. Sein skeptischer blick folgte mir: war ich vielleicht einer der verschwender, der millionen, die immer zu viel toilettenpapier verwenden? Wo doch zwei bis drei blatt durchaus ausreichen! Erst nachdem ich die toilettentür zugezogen hatte, ließ die anspannung ein wenig nach. Ich genoss ein paar minuten diesen ort des friedens und der tiefenentspannung (trotz urin- und fäkaliengeruch). Kaum zur ruhe gekommen, bollerte auch schon der nächste bedürftige an die tür und ich musste diesen heiligen ort wieder räumen. Zurück an meinem platz tat mein gegenüber so, als würde er lesen. Er rieb sich aber schon innerlich die hände, um sofort weiter auf mich einquatschen zu können. Noch nicht ganz sitzend, mit einer leichten panik in den augen riß ich meine kopfhörer aus der jacke, stöpselte diese in mein handy und hatte die musik noch nicht an, als die erste angriffswille mir schon wieder entgegendröhnte. „die siedlungspolitik der israelis kann man doch auch nicht ...“ ich setzte eine unschuldige miene auf, zog die schultern hoch und zeigte auf die kopfhörer in meinen ohren. Mein gegenüber nickte und belehrte daraufhin mutter 1 über die politischen verhältnisse im nahen osten.
Zum glück stieg der ruhestörer einige stationen früher aus und ich nahm die kopfhörer aus dem ohr. Endlich ruhe, dachte ich. Jetzt begann aber ein älteres, also wirklich altes ehepaar sich darüber zu streiten, ob sie, aus der angst heraus, den rechtzeitigen ausstieg zu verpassen, nicht schon einige stationen früher an der tür stellung beziehen dürfe. Naja, sie setzte sich durch und stand dann neben der tür. Dies hinderte den sitzengebliebenen alten sack aber nicht daran, dass begonnene gespräch mit seiner frau, nun über mehrere köpfe hinweg lautstark fortzusetzen. Kopfhörer wieder rein, lautstärke hoch, verzweifelter blick, leichte wut. Schließlich oder endlich fuhren wir in den zielbahnhof ein, ich verabschiedete mich und wollte so schnell wie möglich raus. Auf höhe des brüllenden alten blieb ich in der schlange stecken. Der alte versuchte aufzustehen; das klappte aber nicht. Vielleicht hatte ihn die vorherige brüllerei die letzte kraft gekostet. Mit den worten „kann ich ihnen helfen?“, riß ich den alten sack aus seinem sitz, dieser kam auf die beine, hatte aber noch so viel schwung drauf, dass er kopfüber schon wieder in den gegenüberliegenden sitz fallen wollte. Ich griff noch einmal beherzt zu und da stand er aufrecht und bedankte sich. Ich verließ den zug und hatte für diesen tag die schnauze voll vom öffentlichen nahverkehr.

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