Montag, 20. Januar 2014

die parallelen von fußball und literatur

fußball und literatur scheinen auf den ersten blick nicht sonderlich viel gemein zu haben. Die wenigsten, die sich für fußball interessieren, dürften sich auch für literatur interessieren und umgekehrt.
„die angst des tormanns beim elfmeter“ von peter handke kommt mir beim nachdenken darüber sofort in den sinn. Was für ein großartiger titel. Das buch selbst hat dann aber mit fußball wenig zu tun und ist eher einer verstörende kriminalgeschichte. Immerhin, belehrt mich wikipedia, wurde der Titel im fußballsport zum geflügelten Wort, jedoch immer mit dem Zusatz versehen, dass es in Wahrheit eher der schütze ist, der beim Schießen eines Elfmeters Angst verspürt.

fußball und literatur. Beides themen, in welchen ich mich nur ein bißchen auskenne, ein bißchen was weiß. Wahrscheinlich von literatur noch mehr als vom fußball. Dafür kennen sich ein paar meiner freunde umso besser im fußball aus, verstehen dafür aber von literatur umso weniger. Bei fußballerischen fragen wende ich mich an sie. Umgekehrt wendet sich bei literarischen fragen leider keiner an mich. Ist vielleicht auch besser so.

Trotz meines halb- bzw. eher viertelwissens meine ich, dass mir folgende parallele zwischen fußball und literatur aufgefallen ist: jenseits des platzes bzw. des buches wird der größte wirbel veranstaltet, der mit der eigentlichen sache, dem fußballspiel bzw. dem lesen des buches wenig zu tun. Fast scheint es, als habe sich neben der eigentlichen sportart eine weitere, von ihr weitgehend unabhängige disziplin etabliert: nämlich die der fußballberichterstattung bzw. literaturkritik. diejenigen, die selber nicht spielen bzw. schreiben, meinen, als kritiker bzw. reporter oder kommentatoren, das ganze beurteilen zu können.
Das spiel bzw. das buch (in der regel der roman) stehen bei der nachgeordneten disziplin nur scheinbar im vordergrund. In erster linie geht es darum, sich medial zu produzieren, sich in den vordergrund zu spielen, zu polarisieren, ja anzuklagen und dadurch zuschauerquoten hochzutreiben.
Sogenannte expertenrunden kosten ja auch wesentlich weniger: die fußballübertragungsrechte sind teuer, schriftsteller äußern sich kaum über ihre werke; sogenannte fußballexperten gibt es wie sand am meer und jeder arsch, der in irgendeiner zeitung mal was schreiben darf, ist schon als journalist zur beurteilung von literarischen neuerscheinungen anscheinend befähigt.

So lese ich den sportteil verschiedener zeitungen oder gucke sendungen wie „bundesliga aktuell“, die „doppelpass“ und den „mobilat-fantalk“ und da schreiben bzw. sitzen leute, die selber nie profifußballer waren, aber meinen, den und den trainer oder diesen oder jenen spieler beurteilen, ja kritisieren zu dürfen. Werfen manchem spieler entgleisungen im privatleben vor und vergessen dabei aber die eigenen fehltritte und fehlende disziplin; ja ihnen fällt nicht einmal auf, dass sie selbst noch nicht mal so eine kleine sendung durchstehen können, ohne einen streit vom zaun zu brechen oder sind nach leichtem gegenwind sofort beleidigt.

ferner lese ich das feuilleton der zeit, buchbesprechungen im internet oder gucke literatursendungen, bspw. alte folgen des literarischen quartetts.
Auch dort meinen leute, die selbst keine schriftsteller sind oder waren und somit auch nicht selbst auf dem platz standen und sich beweisen mussten, literaten beurteilen, ja kritisiern, schlimmer noch: vernichten, zu können.
Dabei scheint mir, dass bspw. die im literarischen quartett als gast eingeladenen Schriftsteller wesentlich vorsichtiger, ja feinfühliger, vielleicht gerechter über ihre kollegen urteilen.

Also, jenseits des platzes bzw. des buches: großer wirbel, fast losgelöst wirkend von ihrem bezugspunkt, des zu beurteilenden spiels oder des romans, bei welchem sich nicht mal drittklassige irgendwie „auch-mitmachen“-wollende aufspielen, wichtig machen und leider vom zuschauer auch noch ernstgenommen werden.

Weiter fallen mir in diesem zusammenhang auch jürgen klopps worte über seinen co-trainer zeljko buvac, vor dem championsleague-spiel dortmund – marseille, ein, bei welchem dieser jenen als trainer vertrat, weil klopp sanktioniert auf der tribüne sitzen musste. Buvac war der medienrummel um seine person sichtlich unangenehm. Klopp sagte sinngemäß über seinen stellvertreter: er ist einer der guten fußball liebt, aber nicht das ganze theater drumherum.
Ach wie schön. Mir geht es mit literatur genauso: ich lese viel und mag gute romane, aber das ganze theater drumherum mag ich nicht. Hoffentlich geht es anderen lesebegeisterten wie mir genauso.

Um noch einmal auf die angst des tormanns bzw. des schützen beim elfmeter zurückzukommen:
die angst des spieler bzw. autors vor der kritik ist sicherlich stets da. Aber der spieler und literat sind die handelnden akteure. Ohne sie gäbe es nichts zu kommentieren. Wahrscheinlich ist aber die angst des kritikers noch größer als kleiner wicht überhaupt nicht zur geltung zu kommen, nicht wahrgenommen zu werden; vielleicht müssen die kritiker so schreien, zettern, übertreiben, fies und ungerecht sein, weil sie insgeheim wissen, dass es bei ihnen selbst nie zum profi gereicht hat und sie nicht oder nicht mehr durch leistung auf dem platz beeindrucken können.

Ps: zum glück ist mir noch aufgefallen, dass ich andere kritisiere, weil sie andere kritisieren und es ihnen somit gleich tue. Der unterschied ist nur der, dass meine kritik im gegensatz zu ihrer – natürlich – angebracht ist.

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