Donnerstag, 4. Oktober 2012

im spielcasino

im spielcasino
gestern war ich mit drei freunden, also eher einem freund und 2 bekannten, im Spielcasino in bad oeynhausen. Alle hatten wir uns schick gemacht und ich fühlte mich, als ich im s-klasse mercedes um acht abgeholt wurde, leicht underdresst. Alle anderen im anzug und krawatte, ich nur hemd und sakko. Während der fahrt herrschte eine aufregung und vorfreude, wie ich sie bei meinen mitfahrern vorher noch nicht wahrgenommen habe. Mit großen ohren lauschte ich gespannt ihren ausführungen , ihren ausgklüngelten systemen und versuchte mitzubekommen, worauf es beim roulette ankam. Ich bin zuvor noch nie in einem casino gewesen und wollte nun auch mal sehen, wie es in einem solchen so zugeht. In meinem Kopf hatte ich bilder von großartigen tischen in historischen gebäuden wie bei james-bond-filmen, schöne menschen in abendgarderobe, gesittetes verhalten trotz zum zerreißen gespannter nerven usw.
die erste ernüchterung (trotz zu diesem zeitpunkt meinerseits völliger nüchternheit) erfolgte bereits am eingang. Dieser sah aus als beherberge er dahinter eine spielhalle mit automaten. Zum glück mußte ich nur einen euro eintritt zahlen und war nach überprüfung der personalien (gesperrte spieler usw.) drin. Der Saal war nicht unbedingt hässlich, immerhin ging man auf blauem teppich, es gab cocktailsessel und ledersofas, aber der erste eindruck war nicht einladend. Wir setzten uns erst mal an die bar und orderten bier. so wie sonst auch. Auch die theke hatte außer viel licht und spiegeln nichts besonderes an sich und so beschloss ich meine 60er oder 70er jahre-film-casino-bilder auszublenden und die leute zu beobachten. Ich hatte bereits zwei mal dostojewskis spieler gelesen und dachte daher, dass sich das roulette hervorragend für charakterstudien eignen würde. Nun waren die roulettetische, 5 oder 6, wobei jeweils nur 3 oder 4 in betrieb waren, zu weit von der theke entfernt als das ich die leute dort hätte beobachten können. Die leute, die an uns vorbeigingen oder neben uns saßen, machten auch nicht viel her. Die wenigsten trugen anzüge wie meine mitstreiter, frauen waren auch nur wenige dar oder als solche nicht zu erkennen, von schicker abendgarderobe ganz zu schweigen.
So kam ich zu dem schluss, dass dies hier wohl nicht meine welt ist. So blieb ich auch an der theke sitzen, als die anderen nach dem 3 oder vierten bier an die roulettetische wollten.ich trank weiter ein bier nach dem anderen und versuchte herauszubekommen, was mich an diesem laden, an den leuten, ja was mich überhaupt störte. Denn an der theke zu sitzen und bier zu trinken, habe ich selten – auch nicht in den schäbigsten kneipen – als unangenehm empfunden. Je länger ich die gesichter der anderen besucher betrachtete und mit jedem weiteren bier, das ich trank, wurde es mir dann irgendwie deutlicher: In dieser Spielhalle herrschte eine ganz unangenehme, angespannte antmosphäre. Ich meinte, die in der luft liegende unruhe, verbissenheit, den ärger und die anspannung körperlich spüren zu können. Kein erregtes flirren und gespanntes warten wie in der disco, wo viele hauptsächlich wegen der kontaktaufnahme zum anderen geschlecht hingehen. Gier, mißgunst, enttäuschung oder selbst bei siegen statt freude nur geringschätzung gegenüber den anderen dummen verlierern.
Je länger sich die kessel drehten, so schien mir, um so hitziger wurde das ganze. Männer und Frauen hörten auf, sich noch füreinander zu interessieren. Nein, nicht ganz, aber der Gewinn lockte mehr als schlanke Beine oder breite Schultern.
Auch der Alkohol spielte nur eine untergeordnete Rolle. Die richtigen zocker bleiben eigentlich den ganzen abend nüchtern. Ihre Droge ist das Spiel.
Beim Roulette schien jeder irgendein eigenes ausgeklügeltes System zu verfolgen, die meisten verlieren dann aber trotzdem.
An den Pokertischen galt es nicht nur zu gewinnen, sondern die anderen Dummköpfe vom Tisch zu nehmen, da man ja selber stets der bessere Pokerspieler ist.
Auch die Black-Jack-Tische sah ich mir an: Die Regeln sind ja einfach, aber ich weiß nicht, wie man sich dabei taktisch klug verhält. Einer meiner Bekannten wartete auf einen freiwerdenden Platz und erklärte mir: alle Spieler müssten zusammen gegen die Bank spielen, damit diese sich dann überreizt (?). Da das aber fast keiner täte, sondern alle nur gegen die andern Mitspieler zockten, würden die meisten auch verlieren. Kann ich nicht beurteilen, dachte ich. Ich kann nur sagen, dass an dem Tisch dort keiner glücklich aussah. Irgendwie schien keiner, der im casino anwesenden, einen schönen Freitagabend zu haben. Es fanden so gut wie keine Gespräche statt und ich hörte nur sehr selten jemanden lachen. Nur diese gespannte Atmosphäre.
Spät in der Nacht, keiner von uns hatte etwas gewonnen, torkelten wir aus dem Laden.
Ginge man mit zweihundert Euro in eine Kneipe, hätte man mit seinen Kumpels, die man sogar freihalten könnte, viel Spass. So aber gingen wir benommen, müde und unzufrieden zum Auto und hofften, schnell ins Bett zu kommen. Irgendwie schade.

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